Hochsensibel in der Weihnachtszeit

Weihnachten ist für hochsensible Menschen nicht nur eine reine Freude, sondern auch eine ziemliche Herausforderung. Die vielen Begegnungen mit anderen Menschen, familiäre Verpflichtungen, ungewohntes Essen und mehrgängige Menus, die man nicht dann zu sich nehmen kann, wenn man Hunger hat, sondern zu festgelegten Zeiten, solche Dinge machen uns Hochsensiblen zu schaffen. Was anderen Menschen Freude macht, kann uns schnell in Zustände der Reizüberflutung bringen. Und dann können wir das überhaupt nicht mehr genießen und sind einfach nur noch gestresst. Dazu kommt der Druck, doch den anderen die Freude nicht zu verderben und die Gedanken, dass etwas mit einem selbst nicht stimmt, weil offenbar die meisten all das lieben, was uns Probleme bereitet. Auch ein Weihnachtsmarktbesuch kann für einen hochsensiblen Menschen zu einem Erlebnis der „anderen Art“ werden. Ein solches Erlebnis hatte ich dieses Jahr bereits.

Ein großer strategischer Fehler…

Wir haben den strategischen Fehler gemacht, mit unserem Winterkleidungseinkauf zu lange zu warten. Das lag an dem überdurchschnittlich warmen Herbst, in dem man wenig Lust verspürte, nach dicken Pullovern und Wollsocken zu suchen. Doch dann musste es irgendwann doch sein und wir rutschten in den Advent hinein.

Ich dachte noch, dass es so schlimm nicht werden kann, denn in Mannheim, unserer nächstgelegenen größeren Einkaufsstadt, findet der Weihnachtsmarkt rund um den Wasserturm statt, also außerhalb der eigentlichen Einkaufsstraßen. Doch ich habe mich getäuscht. Weihnachtsmarkt ist schon lange nichts mehr, das sich an feste Grenzen hält. Die ganze Fußgängerzone war mit Buden gepflastert, so dass kaum noch ein Durchkommen war, besonders, wenn  Straßenbahnen fuhren.

Das schlimmste war jedoch, dass der ganze zentrale Paradeplatz nun auch zum Weihnachtsmarkt geworden war. Und da muss man durch, wenn man in Mannheim einkaufen möchte. Irgendwann stand ich zwischen einem Glühweinstand mit einem riesigen sprechenden Elchkopf auf dem Dach, der ununterbrochen belangloses Zeugs quatschte, und einer überdimensionalen und brüllbunten Weihnachtskrippe in Originalgröße, wo aus Lautsprechern Weihnachtslieder dröhnten, dass mir beinah die Trommelfelle platzten.

…und Reizüberflutung mitten im Weihnachtsrummel

Dort geriet ich in einen derartigen Zustand der Reizüberflutung, dass ich wie angewurzelt stehen blieb und eine Weile gar nicht mehr weitergehen konnte, was meinen Zustand natürlich weiter verschlimmerte.

Was ich da gefühlt habe, ist einfach unbeschreiblich; ich denke, andere müssen für solche Erlebnisse Drogen nehmen, nur dass es wohl eher das war, was man einen Horrortrip nennt. Mein Mann zog mich dann glücklicherweise weiter in Richtung Parkhaus. Ich wusste wirklich nicht mehr, wo mir der Kopf stand. Stille Nacht sage ich da nur.

Doch ich bin mir sicher, wir Hochsensiblen werden auch dieses Weihnachten wieder bewältigen. Ich fühle mich im Herzen mit meinen hochsensiblen Leidensgenossinnen und -genossen verbunden und wünsche meinen Lesern, dass neben all dem Zuviel auch viele schöne Momente und herzliche Begegnungen geschehen werden.

zurück zu hochsensibel sein

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne, um zu bewerten:

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

* Werbehinweis für Links mit Sternchen

Wenn du ein Produkt über einen mit Sternchen gekennzeichneten Link bestellst, bekomme ich eine kleine Provision. Dies hat keinen Einfluss darauf, wie ich ein Produkt bewerte. Ich empfehle hier nur Dinge, hinter denen ich zu 100 % stehe. Der Preis für dich bleibt selbstverständlich gleich. Vielen Dank für deine Unterstützung!

10 Gedanken zu „Hochsensibel in der Weihnachtszeit“

  1. Für mich ist es sehr anstrengend in dieser Zeit ich fühle das die Menschen aufgeregt sind und das ein Ende naht und etwas Neues beginnt.
    Und bin froh wenn es knallt zum Neuen Jahr dann kann ich aufatmen.
    Alles was im Text steht kann ich mit einem Ja beantworten.
    Ich habe eine Gabe ja nur zu dieser Zeit fühle ich mich wie auf einen anderen Planeten.
    Der Text zu Weihnachten fand ich sehr positiv und zeigt das ich nicht alleine bin.
    Die Reizüberflutung macht sich als Kopfschmerzen bis Migräne bemerkbar.
    Liebe Grüße Yvonne

    Antworten
    • Liebe Yvonne,

      vielen Dank für Deinen Bericht! Es ist wirklich schön, sich mit diesem Erleben nicht allein zu fühlen. Aber auch wenn wir uns gerade wie auf einem anderen Planeten fühlen, wir werden es auch dieses Jahr wieder schaffen… :-)

      Herzliche Grüße,
      Anne-Barbara

  2. Für mich ist es furchtbar weil ich schon weiß das es wieder ein auf und ab wird. Mein Mann, ich und unsere Tochter 4 und baby drei Monate, alle hochsensibel… Vor allem für die große ist es jedes Jahr Horror weil so viele Emotionen auf Sie einströmen und alle wollen sie begeistern das sie Emotional total durch den Wind ist.
    Ich hab keine Ahnung wie ich die Feiertage für sie besser gestalten könnte und fühle mich hilflos dem Chaos gegenüber, weil ich dann zu den reizen die ich aufnehmen und verarbeiten muß auch noch ihr und jetzt dem Baby helfen muss.

    Antworten
    • Liebe Sissi,

      vielen Dank für Deinen Bericht, der zeigt, dass wir nicht allein im Weihnachtschaos sind, sondern dass das wirklich für viele Hochsensible eine Belastung darstellt! Wichtig für Dich ist Abgrenzung und auch einmal nein zu sagen. Du bist die Mutter und weißt am besten, was für Deine Kinder gut und was zu viel des Guten ist. Etwas, das Dir oder Deinen Kindern nicht gut tut, kann niemals gut für die Welt und andere sein, denn Ihr seid Teil dieser Welt. Ich denke an Dich und wünsche Dir geordnete und überschaubare Feiertage!

      Herzliche Grüße,
      Anne-Barbara

  3. Eigentlich liebe ich Weihnachten. Weihnachtsmärkte kann ich deshalb nur schwer auslassen, obwohl sie auch mich an die Grenzen des Erträglichen bringen, wie ich an einem Samstagabend in Aachen feststellte. Da ich sehr gut gelernt habe, mich anzupassen und durchzuhalten, überstehe ich das meist auch (einigermaßen) sozialverträglich. Allerdings bin ich jedes Mal traurig, dass ich es eigentlich gar nicht recht genießen kann. Es fühlt sich eher an wie ein Haken auf einer to-do-Liste. Durch Zufall hatte ich dann später Gelegenheit, mitten in der Woche in schönster Mittagssonne einen Weihnachtsmarkt zu erleben. Zwar war ich alleine und die taghelle Stimmung nur bedingt weihnachtlich, aber mir wurde mit einem Mal bewusst, dass mich vor allem meine Kontroll- oder Bewältigungsbemühungen davon abhalten, zu genießen und intensiv zu erleben.

    Antworten
    • Liebe Anke,

      vielen Dank für Deinen Weihnachtsmarkt-Erfahrungsbericht, der mich sehr freut! :-) Ich finde es toll, dass Du durch dieses Erlebnis einen Anhaltspunkt gefunden hast, wie Du Deine Weihnachtsmarktbesuche zukünftig besser genießen kannst.

      Herzliche Grüße,
      Anne-Barbara

  4. Ihre Weihnachtsmarkterlebnisse, Frau Kern, kann ich nur bestätigen – ich habe Ähnliches bereits mehrfach erlebt und mich lange Zeit gewundert, warum ich keine Freude am Weihnachtstrubel habe.

    Bis vor einigen Jahren spulten wir das „übliche Programm“ ab – mit Reisen zu Familie und Freunden und vielen Besuchen. Das war für mich immer extrem anstrengend und überreizend. Dann konnte ich meine Familie überzeugen, sich dem Rummel zu entziehen (interessant: sogar schon, bevor mir meine HS bewusst wurde). Wir haben es seitdem so eingerichtet, dass wir zu Weihnachten in aller Ruhe daheim bleiben, meist auch ohne große Familienbesuche und jeder darf tun und lassen, was er möchte.

    Das wissen mittlerweile alle zu schätzen, denn Schule und Arbeit strengen das ganze Jahr über an und da sind ein paar Tage Auszeit auch bei den Nicht-HSM unter meinen Lieben willkommen. Verlangen nach Erlebnissen kommt jeder individuell nach – die Kinder oder wir Eltern treffen uns dann „zwischen den Jahren“ mal mit Freunden. Das genügt uns allen, denn wir machen uns immer wieder bewusst, dass nach den ruhigen Tagen auch wieder eine ereignisreichere Zeit kommt.

    So genießen wir die Weihnachtszeit als besondere Zeit, ohne die weit verbreitete Hektik. Manchmal bin ich sogar erstaunt darüber, dass es nicht so stressig ist. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, bin ich fast etwas überrascht, dass sich dies für uns so gut gefügt hat, auch ohne das Wissen um meine HS und obwohl nicht jeder in der Familie HSM ist Doch umso mehr freue ich mich darüber, dass es für alle funktioniert.

    Ich wünsche allen HSM, dass sie sich in diesem Jahr (2016) die Feiertage so einrichten können, dass es für sie in Ordnung ist. Vielleicht hilft es, sich mit der Familie darüber zu unterhalten und gemeinsam eine entspannte Lösung zu finden. Traditionelle „Vorgaben“ (Die GANZE Familie muss sich treffen und es muss ein perfektes Essen geben …) könnte man doch mal hinterfragen?

    Antworten
    • Hallo Siggi,

      vielen herzlichen Dank für diesen wunderbaren Kommentar, der sicher vielen anderen Hochsensiblen zu einem selbst bestimmten Umgang mit den Feiertagen ermutigen wird!

      Herzliche Grüße,
      Anne-Barbara Kern

  5. Als ich aus dem Elternhaus war, nahm ich mich erst mal komplett aus „Weihnachten“ heraus. Ich wollte spüren können, nach was mir wirklich ist.
    Später hatte ich eine Regel, jedes zweite Jahr „Weihnachten“ nach meinem Gusto und mit „Wahlfamilie“ zu feiern.
    Jetzt muss ich schon manchmal wieder für Gesellschaft „vorsorgen“.

    Antworten
    • Liebe Irmi,

      danke Dir für diesen wertvollen Beitrag! Das ist eine sehr gute Idee, es so zu regeln.

      Herzliche Grüße,
      Anne-Barbara

Schreibe einen Kommentar

hochsensibel sein DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner