Die Benson-Meditation – so meditierst du weltanschaulich frei

Für Hochsensible sind regelmäßige Entspannungspausen enorm wichtig, denn unser Gehirn bildet mehr Botenstoffe. Mehr Botenstoffe führen dann wieder zu mehr Gedanken, mehr Gedanken zu mehr Gefühlen und das alles wiederum macht, dass noch mehr Botenstoffe gebildet werden. Schließlich kommt es zum viel gefürchteten Hirnrasen, über das ich bereits einen Blog-Artikel verfasst habe, und das es fast unmöglich macht, sich zu regenerieren. Meditation ist eine gute Möglichkeit, um aus diesem Teufelskreis auszusteigen. Doch leider wurde sie ursprünglich nicht als reine Entspannungstechnik konzipiert, sondern hat einen weltanschaulich-religiösen Hintergrund. Das wird von vielen Hochsensiblen, die Meditation praktizieren, unterschätzt. Man denkt leicht, dass sie einem doch gut tut. Doch man nimmt dabei unterschwellig Einflüsse auf, die schädlich sein können. Gerade Hochsensible mit ihrer erniedrigten Reizschwelle sind für solche subtilen Einflüsse besonders empfänglich. Und womit wir es dabei zu tun haben, möchte ich in der Folge kurz offenlegen, bevor ich die Benson-Meditation, eine weltanschaulich freie Meditationsform, vorstelle.

Die indische Vedanta-Lehre – der weltanschauliche Background der Meditation

Meditation kommt ursprünglich aus Indien und wurde später auch im Buddhismus praktiziert. Da Buddha Inder war, hat er diesen Background in seine Religion eingebracht, so dass man sagen kann, dass die Vedanta-Lehre sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus eine entscheidende Rolle spielt und bei allen Unterschieden zwischen den beiden Religionen doch für ein paar grundsätzliche Gemeinsamkeiten sorgt.

Im Vedanta wird die vielgestaltige und in stetem Wandel begriffene Schöpfung wie die wellenbewegte Oberfläche des Meeres mit ihren vielen Formen und Gestalten aufgefasst. Im Meer gibt es aber nur eine einzige Realität, nur eine einzige Substanz, nämlich das Wasser. In Analogie zu diesem Bild werden die vielgestaltigen Erscheinungen der Wirklichkeit als „Relativität“, d.h. als unterschiedliche Erscheinungsformen eines einheitlichen allem zugrunde liegenden Seins aufgefasst.

Das absolute Sein ist reines, unendliches, jenseits der Begriffe von Zeit und Raum stehendes Bewusstsein, jenseits aller Dualität, frei von der Trennung zwischen Subjekt und Objekt. Transzendenz ist die Verschmelzung des individuellen Bewusstseins mit diesem Sein, das Zurückkehren der Welle zum Meer. Die Erfahrung des absoluten Seins ist ein Zustand der Glückseligkeit und Ziel aller Meditation. So weit ist das auch alles noch vollkommen in Ordnung.

Das fatale Problem: die Verknüpfung mit der Maya-Lehre

Das fatale Problem entsteht erst durch die Verknüpfung mit der Maya-Lehre. Maya bedeutet Illusion: Der Hinduismus (und der Buddhismus genauso!) betrachtet die gesamte vielgestaltige Schöpfung einschließlich der Materie in Raum und Zeit und unsere individuelle Existenz darin als eine Art von unwirklichem Traum. In diesem Traum befangen zu sein, führt zur Trennung vom glückseligen und im Sein gegründeten Einheitsbewusstsein. Daraus erwächst angeblich alles Leid des Lebens.

Aus dieser negativen Weltbetrachtung heraus folgt die Tendenz zur Weltflucht: Da die Welt mit ihren mannigfaltigen Erscheinungen letztlich nur eine leidvolle Täuschung ist, zieht man sich aus ihr und der ebenfalls zum Bereich der Maya gehörenden menschlichen Gesellschaft zurück. Es gilt, die Bindung an die Schöpfung und auch die eigene individuelle Existenz zu überwinden. Nicht die Entwicklung der individuellen Persönlichkeit, sondern deren Auslöschung, die endgültige Rückkehr der Welle zum Meer, wird als Ziel der menschlichen Entwicklung gesehen.

Die Auswüchse der Vedanta-Lehre

Ziel aller auf der Vedanta-Lehre beruhenden Meditationsformen ist die Auslöschung der Person, was ich als spirituellen Selbstmord bezeichne, denn der Kreislauf der Wiedergeburt soll so beendet werden. Alle menschlichen Probleme werden als „Einbildung“ geleugnet, Lösungen verweigert: Wenn du ein Problem hast, zeigt das, dass noch „Ego“, noch Persönlichkeit vorhanden ist, also hast du „nur nicht genug meditiert“, um dies auszulöschen.

Es wird absolute Unterordnung unter die Autorität des Guru erwartet, weil das angeblich dabei hilft, das eigene „Ego“ zu überwinden. Missbrauch und Vernachlässigung sind damit Tür und Tor geöffnet, weil dem Guru auf diese Weise uneingeschränkte Autorität zukommt, die er nach Belieben ausüben kann.

[Quelle: Elmar Krumbholz, Zerstörte Illusionen, abgelesen am 28.1. 2019]

 

Wenn du heute meditierst, ist das noch immer der Hintergrund, vor dem das Ganze stattfindet. Und dabei handelt es sich bei weitem nicht mehr nur um ein Problem des Vedanta: Der Buddhismus z.B. beruht ebenfalls auf dieser Lehre. Die Mehrzahl der mir bekannten spirituellen Richtungen, die sich im Westen verbreitet haben, bauen ebenfalls auf diesen Grundgedanken auf. Es besteht in all diesen Umfeldern große Gefahr, dass sich Strukturen von Sekten aufbauen. Das zieht sich bis in die moderne Coaching-Szene, in der sich Gruppen um guru-artige Coaches bilden, wo Kritikverbot herrscht und deren Thesen nicht angezweifelt werden dürfen.

Tipp: Prüfe dein Umfeld auf Sektenstrukturen

Ich habe eine sehr gute Checkliste bei Infosekta gefunden, mit deren Hilfe du Gruppen, in denen du dich bewegst, auf Sektenstrukturen hin prüfen kannst:

Sektenmerkmale bei Infosekta

Nach meiner Erfahrung reichen schon 8 zutreffende Merkmale der dort angegebenen 15 aus, um auf ein bedenkliches Umfeld hinzuweisen. Ich habe z.B. einmal eine Coaching-Ausbildung begonnen, in der ich mich unwohl gefühlt habe. Rein aus Neugier habe ich diese Gruppe auf Sektenstrukturen hin gecheckt und fand 8 Punkte zutreffend. Daraufhin habe ich mich nach Alternativen umgesehen und  meine Ausbildung woanders in besserer Qualität und wesentlich preiswerter abgeschlossen.

Wenn Du ‚mal im Netz recherchierst, wirst Du feststellen, dass Sektenstrukturen z.B. bei buddhistischen Gruppen ein Riesenthema sind, dass sie sich aber sogar in den Wissenschaften, am Arbeitsplatz und quasi überall aufbauen können, wo eigentlich niemand damit rechnet!

Die Benson-Meditation

Die Benson-Meditation wird auch Relaxation Response genannt. Sie wurde in den 1970er Jahren von dem Kardiologen Herbert Benson an der Harvard Medical School entwickelt. Benson übernahm die Mantra-Technik aus der Transzendentalen Meditation, die zu jener Zeit eine im Westen verbreitete Adaptation des indischen Yoga war, den Nachteil hatte, sehr stark von der Vedanta-Lehre geprägt zu sein und vor diesem Hintergrund eindeutig sektenartige Strukturen aufwies. Benson formte sie zu einer völlig säkularen Methode um und arbeitete über die Auswirkungen dieser Tiefenentspannung auf messbare Körperfunktionen wie Blutdruck und Puls. Sein 1975 veröffentlichtes Buch The Relaxation Response* wurde ein Bestseller und wird bis heute neu aufgelegt. In deutscher Sprache ist sein Buch Gesund im Stress. Eine Anleitung zur Entspannungsreaktion* erhältlich.

Die Benson-Meditation wurde erfolgreich wissenschaftlich eingesetzt, z. B. gegen Migräne bei Kindern und gegen Alkoholismus. Benson publizierte zahlreiche wissenschaftliche Aufsätze und populärwissenschaftliche Bücher. Die von ihm postulierte Verbindung von psychischem Stress und Körperfunktionen ist heute breit akzeptiert, und er gilt auch unter seinen Kritikern als wichtigster Wegbereiter der Psychoendokrinologie und Psychoimmunologie (siehe auch Benson’s Internetpräsenz RelaxationResponse).

[Quelle: Art. Benson-Meditation auf Wikipedia, abgelesen am 8.5.2019]

Anleitung zur Benson-Meditation

  1. Setze dich ruhig in einer bequemen Haltung hin.
  2. Schließe deine Augen.
  3. Entspanne all deine Muskeln; fange bei deinen Füßen an und schreite bis zu deinem Gesicht fort. Halte deine Muskeln entspannt.
  4. Atme durch deine Nase und mache dir deinen Atem bewusst. Wenn du ausatmest, sagst du das Wort „eins“ (im Original „one“) still zu dir selbst (d.h. du denkst es nur). Also einatmen – ausatmen und dabei „eins“ denken, einatmen – ausatmen und dabei „eins“ denken, etc. Atme leicht und natürlich. Du kannst dir auch selbst ein Mantra aussuchen – am besten einen beruhigenden, fließenden Klang ohne Bedeutung, damit keine Gedanken ausgelöst werden.
  5. Führe das für 10-20 Minuten fort. Du darfst deine Augen öffnen, um auf die Uhr zu sehen, aber verwende keinen Timer oder Wecker. Wenn du fertig bist, bleibe noch ein paar Minuten sitzen, erst mit geschlossenen, dann mit geöffneten Augen.
  6. Denke nicht weiter darüber nach, ob du erfolgreich darin warst, einen tiefen Entspannungszustand zu erreichen. Nimm eine passive Haltung ein und lasse die Entspannung in ihrem eigenen Tempo entstehen. Wenn ablenkende Gedanken aufkommen, versuche, sie freundlich, aber bestimmt beiseite zu schieben und kehre immer wieder zu deinem „eins“ (oder dem von dir gewählten Mantra) zurück.

Mit etwas Übung kommt die Entspannungsreaktion ganz leicht. Übe die Technik ein- bis zweimal täglich aus, aber halte nach der Mahlzeit einen Abstand von zwei Stunden ein. Es scheint, dass der Verdauungsprozess die Entspannungsreaktion stört.

[Quelle: Benson’s Internetpräsenz Steps to elicit the relaxation response]

Erlernbarkeit: leicht
Entspannungstiefe: sehr gut
Ausübbarkeit: nur in der Stille
Zeitaufwand: mittel, 10-20 Minuten täglich

Meine Sicht auf Meditation

Ich glaube nicht, dass die Realität, wie wir sie erleben, „nur“ eine Illusion ist, die es zu überwinden gilt. Meine Meinung ist, dass wir hier sind, um bestimmte Aufgaben zu erfüllen und Probleme zu lösen, und so aktiv an der menschlichen Entwicklung mitzuwirken. Dazu ist es wichtig, seinen Geist immer wieder zu beruhigen, um in seine volle Klarheit zu kommen. Es geht also um einen Wechsel zwischen Aktivität und Ruhe, zwischen Rückzug und Wirken in der Welt. Mehr dazu kannst du in meinem Blog-Artikel Ja oder nein zur Welt? Hochsensibilität und Spiritualität nachlesen.

Ich übernehme keine indischen Mantras, da diese meist Namen hinduistischer Gottheiten sind und sich auf die Vedanta-Lehre beziehen. Ziel der Meditation ist für mich, die innere Ruhe und Kraft zu finden, um den Herausforderungen des Lebens gewachsen zu sein. Und ich hoffe, dass ich dir mit meinem Artikel dabei helfen konnte!

zurück zu hochsensibel sein

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne, um zu bewerten:

Durchschnittliche Bewertung 4.9 / 5. Anzahl Bewertungen: 7

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

* Werbehinweis für Links mit Sternchen

Wenn du ein Produkt über einen mit Sternchen gekennzeichneten Link bestellst, bekomme ich eine kleine Provision. Dies hat keinen Einfluss darauf, wie ich ein Produkt bewerte. Ich empfehle hier nur Dinge, hinter denen ich zu 100 % stehe. Der Preis für dich bleibt selbstverständlich gleich. Vielen Dank für deine Unterstützung!

10 Gedanken zu „Die Benson-Meditation – so meditierst du weltanschaulich frei“

  1. wieder einmal ein Sackstarker Artikel: Danke!
    naja, vielleicht ist die Welt eine Illusion, aber Ueberwinden koennen wir sie keinesfalls, da wir ja ein Teil der Welt (oder Illusion) sind.
    Ich war oft laengere Zeit in Indien und habe eine Art Hassliebe zu diesem Land, die sicher vom „Fatalismus“ dort herkommt. Nun hast Du mir ganz genau erklaert, was ich dauernd spuerte, WOW!
    In Nepal hatte ich auf einer Wanderung ein langes Gespraech mit dem hoechsten Moench des Manang-Valley. Ich sagte ihm: hey, was soll dieses esoterische Halligalli? ich kann doch meditieren, waehrend ich in einer Schlange stehe, oder wandere,oder…
    er antwortete: thats exactly the right way!und weil ich gerade rauchte: …and you can do a „smoke-meditation“.
    herzlichen Dank

    Antworten
    • Lieber Fred,

      danke Dir für Dein nettes Feedback! Freut mich total, dass Du nun eine Erklärung für Dein Gespür dort hast. :-))) Ja, es braucht kein „esoterisches Halligalli“, denn Deinen Geist kannst Du überall zur Ruhe bringen, und es lohnt sich immer.

      Herzliche Grüße,
      Anne-Barbara

  2. Danke dieser Artikel war sehr aufschlussreich. Auch ich bewege mich gerade viel in der Spirituellen Szene, Meditiere regelmäßig, praktiziere Yoga und bin bewusst religionslos. Diese Erklärung hat mir neue Einblicke gegeben worauf ich achten kann. Vielen Dank nochmal 🙏

    Antworten
    • Liebe Daniela,

      danke Dir für Dein nettes Feedback! Freut mich, dass Du so viel für Dich tust, und dass Du jetzt auch noch weißt, worauf Du achten kannst, damit es auch wirklich gut für Dich ist. :-)))

      Herzliche Grüße,
      Anne-Barbara

  3. Herzlichen Dank,
    wie schon so oft fühle ich eine starke Übereinstimmung Deiner Sichtweise.
    Nach grausigen Erlebnissen durch meine Sensibilität fühlte und fühle ich heute wie damals als ich Dich kennen lernen durfte eine tiefe Verbundenheit zu Dir.
    Danke das es Dich gibt,wir sind nicht allein.
    Weiter so,liebe Anne Barbara
    Thomas

    Antworten
    • Lieber Thomas,

      danke Dir für Dein Zeichen der Wertschätzung und der Verbundenheit! Mir ist ganz warm ums Herz und ich freue mich sehr darüber. Es ist einfach wunderbar, meine Erfahrungen mit Menschen wie Dir teilen zu dürfen!

      Herzliche Grüße,
      Anne-Barbara

  4. Liebe Anne-Barbara,
    als Hochsensibler war ich schon öfter via Internet mit Dir in Kontakt. Diesmal aber hats geschnackelt und ich möchte „richtigen“ Kontakt mit Dir aufnehmen. Anlass ist die Ankündigung Deines neuen Buches über Nahrungsergänzungen. Du gehst die Sache so differenziert an und berührst viele meiner Fragen, die ich bisher andernorts nicht beantwortet fand. Ich bin richtig gespannt auf das Buch.
    Gern würde ich mich mal fernmündlich mir Dir unterhalten. Würdest Du dem Zustimmen?
    Ganz herzliche Grüße Heinz

    Antworten
    • Lieber Heinz,

      danke Dir für Dein nettes Feedback, das mich sehr freut! Ich biete meinen Leserinnen und Lesern ein 30minütiges kostenfreies Erstgespräch an. Rufe mich einfach unter 06205-2084123 an, um einen Termin zu vereinbaren, oder mache mir 2-3 Terminvorschläge über das Kontaktformular. Ich freue mich, von Dir zu hören!

      Herzliche Grüße,
      Anne-Barbara

  5. Hi Anne-Barbara,

    sehr schöner Artikel. Mir war beim Meditieren auch immer ein weltlicher Hintergrund wichtig. Schön, wie du das trennst.
    Ich bin nur durch Zufall bei Benson gelandet. Dasselbe gilt für deinen Artikel. Was google so möglich macht…

    «Waking Up: Searching for Spirituality Without Religion: A Guide to Spirituality without Religion» von Sam Harris kann ich in diesem Kontext noch empfehlen.

    Beste Grüße
    Hendrik

    Antworten
    • Lieber Hendrik,

      danke Dir für Dein nettes Feedback, das mich sehr freut! Schön, dass Du auf meiner Seite gelandet bist. Danke Dir auch für Deinen interessanten Buchtipp! Das kommt ganz oben auf meine Wunschliste.

      Herzliche Grüße,
      Anne-Barbara

Schreibe einen Kommentar

hochsensibel sein DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner