Neulich hatte ich ein intensives Gesprรคch mit einer Freundin, in dem wir uns รผber das Thema Kriegsenkel ausgetauscht haben.ย Die Elternย von unsย Kriegsenkeln haben die NS-Zeit und den Zweiten Weltkrieg als Kinder noch miterlebt.ย Im Zeitraumย zwischen den spรคten 1950ern undย der Mitte der 1970er Jahre wurde dannย unsere Generation der Kriegsenkel geboren.ย Obwohl unsere Groรeltern die eigentlichen Kriegsakteure waren, wirken die NS-Zeit und der Krieg dennoch massiv auf uns nach, wenn diese Wirkungen auch sehr subtil und schwer erkennbar sind. Die Geschichte, die meine Freundin mit mir in diesem Gesprรคch herausgearbeitet hat, hat mir eindringlich vor Augen gefรผhrt, in welchem Maร gerade wir Hochsensiblen von diesem Thema betroffen sind.ย Aus diesem Grund habe ich meine Freundin, die auch hochsensibel ist,ย gefragt, ob ich ihre Geschichte aufschreiben und hier verรถffentlichen darf. Dem hat meine Freundin unter der Bedingung, dass sie anonym bleibt, zugestimmt, wofรผr ich ihr an dieser Stelle danke.ย Ich hoffe, dass durch diese Geschichteย verstรคndlicher wird, warum gerade unsere Generation der Hochsensiblen auf besondere Schwierigkeiten stรถรt. Hier nun Lisas Geschichte (Name geรคndert):
Lisas Mutter, das Kriegskind
Lisas Mutter ging mit dem Thema Krieg ungewรถhnlich offen um. Als Lisa klein war, erzรคhlte sie ihr ihre ganze Lebensgeschichte in einer Art Fortsetzungsroman, wenn sie gemeinsam spazieren gingen. Fรผr Lisa war das sehr spannend, fรผr ihre Mutter eine Art Trauma-Therapie.
Lisa erfuhr von der Flucht aus Osteuropa, die zunรคchst zu Verwandten nach Wien fรผhrte. Als die Familie,ย Lisas Uroma, Oma,ย Mutter undย deren drei Brรผder endlich am Bahnhof in Wien ankam, gab es Bombenalarm. Da sie alles stehen und liegen lassen mussten, um schnell den nรคchsten Bunker zu erreichen, standen sie hinterher mit nichts da.
Der Aufenthalt in Wien wรคhrte nur kurz, da der Bombenterror dort zu heftig war. Die Flucht fรผhrte die Familieย weiterย in ein kleinesย Tiroler Bauerndorf, wo sie im Wochenendhaus einer wohlhabenden Familie eine einfache, aber ruhige Bleibe fand. Nachย der Rรผckkehr des Vaters aus derย russischen Kriegsgefangenschaftย ging die Familie dann nach Deutschland. Zu dieser Zeit war Lisas Mutter vierzehn Jahre alt.
Lisas Mutter und das NS-Regime
Als junge Erwachsene hat sich Lisas Mutter intensiv mit dem Thema Nationalsozialismus auseinandergesetzt und war entsetzt darรผber, was in dieser Zeit passiert war.ย Lisa kann sich gut anย die vielenย Streitgesprรคche erinnern, dieย ihreย Mutterย in den 1970er Jahren mit ihrem eigenen Vater,ย Lisas Groรvater, gefรผhrt hat. Er wollte nicht wahrhaben, wie schlimm das alles gewesen war, undย Lisas Mutter regte sich fรผrchterlich darรผber auf.ย Die beidenย gerieten deswegen regelmรครig aneinander,ย Lisas Opa รคnderte seine Meinung jedoch nicht.
Obwohl Lisas Mutter also einen sehrย offenen Umgang mit der Vergangenheit pflegte, gab es Dinge, die inย Lisas Mutter unbewusst weiter gewirkt haben, und die unmittelbare Auswirkungen auf ihren Umgang mit dem Thema Hochsensibilitรคt hatten. Diesen Begriff gab es damals natรผrlich noch nicht, erforscht wird Hochsensibilitรคtย bekanntlich erst seit den 1990er Jahren. Aber dennoch wusste man auch damals schon von sich und anderen Familienmitgliedern, wer besonders feinfรผhlig und empfindsam war. Inย Lisas Familie lรคsst sich dieser Strang ganz klar nachvollziehen:ย Sie meint, dass ihreย Groรmutter mรผtterlicherseits,ย ihre Mutter und sie selbst mit Sicherheit hochsensibel waren.
Sensibilitรคt und Nationalsozialismus – zwei Welten, die sich ausschlieรen
Im Nationalsozialismus gab es einen regelrechten Mรคnnlichkeitskult, in dem Tapferkeit und soldatische Hรคrte propagiert wurden. „Weibliche“ Werte wurden als Feigheit, Krankheit und „Zersetzung der Wehrkraft“ diffamiert. Wenn man dies bedenkt, wird klar, dass dort die Eigenschaften hochsensibler Menschen vollkommen abgelehnt wurden. In diesem Klima istย Lisas Mutterย aufgewachsen. Und sie warย wohl hochsensibel.
Man stelle sich also dieses hochsensible Mรคdchenย mit seinenย zwei deutlich รคlteren und einem jรผngeren Bruder vor. Bedingt durch die Flucht ist die Familie sehr eng zusammengerรผckt, es bestehen wenig Kontakte zu anderen Gleichaltrigen. Die Jungs sind pausenlos mit Phantasien von Tapferkeit und Hรคrte beschรคftigt.ย Lisas Mutter als einziges Mรคdchen, noch dazu hochsensibel, muss sich in diesem Umfeld behaupten, in einer Kultur des stรคndigen „Sich Abhรคrtens“, wo nur Tollkรผhnheit zรคhlt.
So musste Lisas Mutter ihre Sensibilitรคt unterdrรผcken
Dies geschieht, indem sie zwei Dinge tut: Erstens spaltet sie ihre eigenen hochsensiblen Anteile ab und verdrรคngt sie in die hinterste Ecke ihres Unterbewusstseins. Zweitens nutzt sie ihre Gabe, mit deren Hilfe sie weiร, wo andere, und damit auch ihre Brรผder, ihre Schwachstellen haben, und setzt dort gezielt Nadelstiche, einfach prophylaktisch zum Selbstschutz. Ihre ebenfalls hochsensible Mutter (Lisas Groรmutter) verachtet sie dabei zutiefst.
Vollkommen grundlos, dennย Lisas Oma hat als Schneiderin vier Kinder und ihre Schwiegermutterย durch den Krieg gebracht, indem sie fรผr Bauern gegen Nahrungsmittel genรคht hat. Sie hat diese Zeit mit einerย bewundernswerten Stรคrke gemeistert. Alsย Lisa sie einmal fragte, wie sie das gemacht hat, strahlte sie sie mit ihren leuchtendblauen Augen an und meinte: „Das war irgendwie schรถn. Das war wie Abenteuer.“ Anscheinend hatte Lisas Groรmutter ihre Stรคrken gerade in dieserย Ausnahmesituation voll ausleben kรถnnen und die schwierige Lage souverรคn gemeistert.
Warum sichย Lisas Mutter spรคterย nicht von diesem verachtungsvollen Menschenbild lรถsen konnte, lag daran, dass sie es wahrscheinlich gar nicht mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht hat.ย Es handelte sich dabei um einen Einfluss, den sie subtil direkt aus ihrem Umfeld aufgenommen hat, รผber ihre Brรผder und spรคter auch ihren Vater (Lisas Groรvater), als der aus dem Krieg zurรผckgekehrt war.
Warum Lisas Mutter dann nicht mit ihrem hochsensiblen Kind umgehen konnte
In den 1960erย Jahrenย bekommtย Lisas Mutterย ihr erstes Kind,ย die ebenfalls hochsensibleย Lisa. Damit istย die Mutterย natรผrlich vollkommen รผberfordert. Sie hat nie gelernt, mit ihrer eigenen Hochsensibilitรคt auf konstruktive Weise umzugehen. Mit einem hochsensiblen Kind kann sie das dann natรผrlich auch nicht. Die Verachtung, dieย Lisas Mutterย der Groรmutter entgegenbringt, lรคsst sie auch ihre Tochter spรผren: „Du bist wie meine Mutter.“
Je รคlter Lisa wurde, umsto mehr Hass hatย ihre Mutter gegenย sie entwickelt. Damals warย Lisa recht verzweifelt darรผber und hat sich stรคndig gefragt, wasย sie falsch mache. Aber aus heutiger Sicht war es wohl so, dassย ihre hochsensible Art immer deutlicher zutage trat, je stรคrker sich ihre Persรถnlichkeit ausprรคgte.
Mit zwanzig ist Lisa von zu Hause ausgezogen. Alsย sie ihren ersten Mann kennenlernte, derย sie so annahm, wie sie war, undย sie sehr inย ihrer Art unterstรผtzt hat, kam es zum Bruch mit der Familie.ย Lisas Mutter entwickelte einen derartigen Hass gegenย Lisas zukรผnftigen Mann, dass ein Kontakt mit ihr nicht mehr mรถglich war.
Heuteย meint Lisa, dass dies eigentlich ein Selbsthass war.ย Ihre Mutterย hat den Hass und die Verachtung auf ihre eigene Hochsensibilitรคt aufย Lisa projiziert. Und dieser Selbsthass kam nicht vonย den Groรeltern.ย Lisa ist sich da ziemlich sicher,ย denn ihreย Kindheit hat sie nur รผberlebt, weil ihreย Groรmutter sich viel umย sie gekรผmmert hat. Die Oma hatย ihr vermittelt, dassย sie o.k. ist, und hat immer wieder dafรผr gesorgt, dassย sie so sein darf, wieย sie ist,ย und dassย ihre Bedรผrfnisse nicht zu kurz kommen.ย Das scheinen dochย recht sichere Anzeichen dafรผr zu sein, dassย Lisas Groรmutterย gut mit Hochsensibilitรคt umgehen konnte.
Der Bruch in der Psycheย von Lisasย Mutter muss also woanders her gekommen sein und ist nur durch die NS-Ideologie zu erklรคren. Von dort muss ein groรer Hass auf alles ausgegangen sein, was irgendwie mit Hochsensibilitรคt zu tun hat. Diesen Hass hatย Lisas Mutter wohl in sich aufgenommen, sich dann fรผr ihre Feinfรผhligkeit zunรคchst geschรคmt, spรคter gehasst undย in der Folge alles, was sie an ihre eigene Hochsensibilitรคt erinnerte, rigoros abgelehnt. Das Ganze ist natรผrlich vollkommen unbewusst abgelaufen und konnte so eine verheerende Wirkung entfalten.
Sprechen konnteย Lisa รผber solche Dinge mit ihrer in den 1990ern verstorbenen Mutter nicht. Wasย wir hier zeichnen, ist ein Bild, in das alles, wasย Lisa an Informationen und Eindrรผcken gesammelt hat, eingeflossen ist, so dass es in sichย stimmig ist. Wir kรถnnen also nicht sicherstellen, dass dieses Bildย bis ins Detail der Wahrheit entspricht, mรถchtenย aber anderen hochsensiblen Menschenย unserer Generation mit dieser, von uns auf diese Weise quasi detektivisch rekonstruierten, Geschichte helfen.
Fazit: So wirkt das NS-Regime heute noch auf hochsensible Kriegsenkel nach
Dies ist ein langer und recht komplexer Artikel geworden. Ich mรถchte deswegen am Ende noch einmal zusammenfassen, um was es mir hier geht:
- Hochsensible Kriegsenkel sind Menschen, die das Merkmal der Hochsensibilitรคt tragen undย deren Elternย ihre prรคgenden Kindheits- und Jugendjahre mitten in der NS-Zeit hatten.
- Die NS-Ideologie hat alles verdammt, was auch nur entfernt mit Hochsensibilitรคt zu tun hat.
- Hochsensible Kinder waren in dieser Zeit einem vernichtenden Hass gegen alles, was sie ausmacht, ausgesetzt. Sie wurden geradezu als lebensunwertes Leben geรคchtet und waren dazu gezwungen, Maรnahmen zu ergreifen, um in einem solchen Umfeld nicht unterzugehen.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass sie am Ende ein รคuรerst negatives Verhรคltnis zu ihrer eigenen Hochsensibilitรคt haben, und nicht gelernt haben, konstruktiv damit umzugehen, ist sehr hoch.
- Das haben sie dann an uns hochsensible Kriegsenkel in irgendeiner Form weitergegeben. Dies erklรคrt viele Schwierigkeiten, die wir heute mit unserer Veranlagung haben.
Wie ist das bei Dir? Bist Du auch ein hochsensibler Kriegsenkel? รber deinen Kommentar wรผrde ich mich sehr freuen!
Clipart von syria auf openclipart.org
zurรผck zu hochsensibel sein
Hallo, ich bin eine HSP und Kriegsenkelin, das habe ich schon oft sehr deutlich gespรผrt und kann es sehr gut nutzen. Auf meiner hp steht fast alles, was ich tue, insbesondere meine รผberaus ausgeprรคgte Wahrnehmung, was die Gefรผhlslagen Andere angeht, habe ich mir den richtigen Beruf dafรผr gesucht. Ich will es nicht mehr missen, auch wenn es oft anstregend ist und ich viel Zeit fรผr mich brauche. Morgen abend findet meine Erzรคhcafรฉ fรผr Kriegsenkel „Krieg und Frieden“ statt, auf dem werden รผber dieses Thema sprechen. Mit besten Grรผรen
Hallo Ines,
vielen Dank fรผr Deinen Kommentar! Das klingt wirklich sehr interessant, ich werde mir Deine hp einmal ansehen. Ich freue mich auch รผber Deine positive Einstellung zur Hochsensibilitรคt, die ich teile. Leider ist Berlin weit weg, sonst wรคre ich morgen Abend einmal vorbeigekommen… :-)
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
ein wichtiges thema, welches ich aus eigenem erleben sehr gut nachvollziehen kann.
ich spรผre deutlich, wie traurig ich beim lesen geworden bin. nun kann ich die scheinbare hรคrte meiner mutter noch besser verstehen und trauere einmal mehr um sie und ihre vom krieg beeinflusste kindheit und um mich, die ich selbst als kind und jugendlicher mensch ungezรคhlte male darunter gelitten habe. vielen dank fรผrs teilen.
Hallo Andrea,
vielen Dank fรผr Deine Zeilen, die mich sehr berรผhren.
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Liebe Anne-Barbara,
ich bin erst heute auf diesen Artikel von Dir gestossen. Schon lรคnger beschรคftige ich mich mit den psychischen Wirkung des Krieges auf uns Kriegsenkel. Doch zum ersten Mal wird mir bewusst, dass die Hochsensibilitรคt ja noch zusรคtzlich mit hineinwirkt.
Es ist fรผr mich gar nicht so einfach herauszufinden,von welcher Seite der Familie meine Hochsensibilitรคt herkommt. Tendenziell von meinem Vater. Auch seine Mutter, die ich viele Jahre erleben durfte, lรครt mir im Nachhinein ihre Hochsensibilitรคt klar werden.
Jetzt nach dem Artikel, erkenne ich jedoch auch, welche Vermeidungs- und Ablehnungsmechanismen Beide angewandt haben, um nicht aus der NORM zu fallen, gerade in der NS-Zeit und mein Vater dann auch noch als 1.mรคnnliches Kind der Familie.
Oh, ich glaube, das wird jetzt noch eine Weile nachwirken und weiter Prozesse in Gang setzen.
Vielen Dank dafรผr, auch an deine Freundin fรผr ihre Geschichte.
Liebe Grรผรe Annette
Liebe Annette,
es freut mich, dass diese Gedanken Dich so berรผhrt haben! Wenn ich das lese, bin ich wirklich froh, das alles aufgeschrieben zu haben, auch wenn mir das nicht ganz leicht gefallen ist. Danke Dir dafรผr!
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Hallo, in der Geschichte – vielen Dank dafรผr – finde ich mich auch wieder. Habe zu dem die erhรถhte Dosis abgekriegt, da keine Enkelin, sondern Tochter. Meine Eltern waren Jahrgang 1920/22, und ich 1965. Da „fehlt“ also eine Generation. Meine Geschichte, die von vielen seelischen Schmerzen geprรคgt war, hier aufzuschreiben, wรผrde den Rahmen sprengen, jedoch stehe ich fรผr Nachfragen gerne zur Verfรผgung. Liebe Grรผรe
Hallo Christine,
vielen Dank fรผr Deinen Bericht! Deine Eltern waren der Gehirnwรคsche in der NS-Zeit wohl voll ausgeliefert und hatten kaum eine Chance, sich dem zu entziehen. Ich kann mir denken, dass Du mit ihnen eine Menge durchgemacht hast! Ich wรผnsche Dir, dass Du das fรผr Dich auflรถsen kannst.
Falls Du es noch nicht gesehen hast, ich biete einen gratis Online-Kurs an. Dort demonstriere ich eine Technik namens EFT, mit deren Hilfe man unangenehme Gefรผhle, schlechte Erinnerungen etc. auflรถsen kann. Vielleicht wรคre das ein Weg fรผr Dich. Mehr รผber EFT erfรคhrst Du auch hier:
EFT – emotionale Freiheit fรผr Hochsensible
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Danke, fรผr den schรถnen Artikel und Beitrag.
Von dieser Seite habe ich meine Familiengeschichte noch nie gesehen.
…. wenn ich jetzt so nachdenke …
Dazu muss ich sagen, dass ich schon lรคnger daran arbeite, mir รผber vieles bewusst zu werden. Die ganze Zeit hieร es schon in Familienaufstellungen: Die Probleme kรคmen von der weiblichen Seite.
Dass ich hochsensibel bin, ist mir รผbrigens erst vor kurzem klar geworden, als ich mir die Interviews des Kongresses angehรถrt habe. Den Verdacht hatte ich schon lรคnger, aber da wurde es offensichtlich.
Zu dem weiblichen Teil meiner Familie:
– Da ging es immer nur darum zu funktionieren.
– Nie wรคre ich auf die Idee gekommen, dass ausgerechnet meine so hartherzige Mutter hochsensibel sein kรถnnte.
– aber wenn ich das oben jetzt so lese ….
– Zu meiner Urgroรmutter die erinnert mich an Lisas Oma, nach der Beschreibung.
– Zu meiner Oma, die durfte nie das machen und lernen was sie wollte und wurde ihr Leben lang zum funktionieren gezwungen. Was bei ihr schlecht funktionierte. Sie hatte mehrere Zusammenbrรผche, genau zu dem Zeitpunkt, wenn die Menschen, die sie unterdrรผckten und zum Funktionieren zwangen, starben. Sie war nach dem Tod ihrer Mutter und ihres Mannes in einer psychiatrischen Klinik. Hat es nie geschafft, ein eigenes selbstbestimmtes Leben zu fรผhren. Danach hat sich meine Mutter um sie gekรผmmert.
– Zu meiner Mutter … eine total negativ eingestellte Frau, die nie lacht, immer nur funktioniert. Die eingetrichert bekommen hat, dass man nicht auffallen darf, weil es darauf ankommt was die Leute denken und sagen, anstatt auf das, was man selber will. Die nie das machen durfte, was sie wollte und es so verinnerlicht hat, dass sie selbst als es hรคtte tun kรถnnen, weiter funktioniert hat.
– die mich genau zu dem machen wollte, was sie selbst ist und mich total ablehnt, weil ich das nicht will. – Siehe Lisa ….. – bekomme bis heute mit 52 Jahren zu hรถren, dass ich mich anpassen mรผsste und kann ihr nichts recht machen … nur das will ich gar nicht – und berรผhrt und stรถrt mich nicht mehr so wie frรผher. Weil ich weiร, dass sie sich eh nicht รคndern wird. Habe den Kontakt bis auf ein Minimum (wegen meinem Vater) eingeschrรคnkt.
Danke, der Artikel war sehr aufschlussreich. – Sehe jetzt vieles anders.
Liebe Grรผรe
Elke
Liebe Elke,
vielen herzlichen Dank fรผr Deinen ausfรผhrlichen Bericht, der eine Ergรคnzung und Bereicherung fรผr meinen Artikel darstellt! Ich freue mich sehr, dass mein Artikel Dich zu neuen Einsichten und Durchblicken inspirieren konnte.
Du hast vollkommen Recht – diese Menschen werden sich nicht รคndern, und es geht auch gar nicht darum, sie zu รคndern. Denn wie sie ihr Leben gestalten, ist deren Sache. Unsere Sache ist es, das, was diese Menschen in uns an Negativem bewirkt haben, zu erkennen und aufzulรถsen, damit wir ein erfรผllendes Leben fรผhren kรถnnen, und damit wenigstens die nรคchsten Generationen wieder normal aufwachsen.
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Liebe Anne- Barbara, ganz HERZlichen Dank fรผr den Artikel und auch fรผr die weiteren erhellenden Beitrรคge. In allen finde ich etwas aus dem eigenen Erleben, aus der eigenen Familie gespiegelt. Mein bisheriges Leben bestand meist, auf unterschiedlichen Ebenen und in vielen Bereichen, aus einem “ รberlebenskampf“ von dem ich schon lรคnger ahne und mittlerweile weiร, dass dies in Wirklichkeit nicht mein Kampf sein kann. Ich ringe mit mir, die Geschichte aufzuschreiben, die gezeichnet ist von Gewalt und Missbrauch. Seit 26 Jahren bin ich, *1960 selbst Hochsensibel, „auf dem Weg“ der psychologischen und spirituellen Aufarbeitung und Heilung der Thematik bei mir und auch fรผr meine Tรถchter (Generationenรผbergreifende Traumatisierungen). Intensiv ins Bewusstsein kam die Thematik, als ich 2013 die Bรผcher von Sabine Bode las und eine Fortbildung als Senioren Begleiterin (fรผr an Demenz Erkrankte)nach Paragraph 87 b beendete und darauf hin in verschiedenen Pflegeheimen arbeitete. Ich sehe die Thematik als Gesellschaftsrelevant und mit dem ZuStrom der Flรผchtlinge in unser Land scheint die Thematik brisante Zรผge anzunehmen. Mich konfrontiert dies alles tรคglich aufs Neue mit einem gesellschaftlichen Leidensdruck mit dem ich mich nicht mehr konfrontieren will. Daher bin ich in diesem Bereich nicht mehr aktiv tรคtig. Nun suche ich in mir und fรผr mich nach einem Weg mit der Hochsensibilitรคt besser zu leben.
HERZliche Grรผรe, in Dankbarkeit,
Johanna Maria
Liebe Johanna Maria,
vielen Dank fรผr Deinen bewegenden Bericht und das nette Feedback! Ich freue mich sehr darรผber, dass auch Du hier so viel von Dir zeigst, denn diese ganzen Geschichten ergeben ein viel vollstรคndigeres Bild als mein Artikel es allein vermag. Es ist wirklich der Wahnsinn, was unsere Generation da zu tragen hat, wobei uns immer vermittelt wurde, wie โgutโ wir es doch haben.
Ich wรผnsche Dir, dass Du dieses schwere Erbe fรผr Dich gut wirst auflรถsen kรถnnen, und dass Du auch fรผr Deine Hochsensibilitรคt Lรถsungen finden wirst. Und wenn Du dabei noch Fragen hast, immer gern! :-)
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Ich bin auch ein Kriegsenkel und habe meine ganzen dadurch bestehenden Probleme zu meinen Eltern bisher niemals darauf bezogen – durch den Artikel hier, der hervorragend zu meinem Vater, teils aber auch zu meiner Mutter passt, ( ich bin der Meinung beide sind sie in ihrem Ursprung hoch-sensibel, aber keiner der beiden will dies auch nur hรถren, geschweige denn anerkennen – und durch diesen Hass haben sich beide wohl auch durch die Abspaltung zu nazistischen Persรถnlichkeiten entwickelt, unter denen ich seit meiner Kindheit, aber auch heute noch, sehr leide, da es mir ein so groรes Bedรผrfnis ist von ihnen angenommen, akzeptiert und geliebt zu werden )wird mir einiges deutlich und scheint auf einmal so klar. Trotzdem ist immer noch meine ewige Frage – was kann ich wie dazu beitragen das beide, so lange sie noch leben, ihre Hochsensibilitรคt anerkennen und aufhรถren weg zu sehen und zu fรผhlen, da sie immer noch der Meinung sind das es etwas Bedrohendes ist? Sie hรถren mir ja nicht mal zu, ganz im Gegenteil – alles was ich heute, mit 41 Jahren tue, wird herabgesetzt, kritisiert und nieder gemetzelt. Durch dieses fรผr mich so schreckliche, schwer auszuhaltende Gefรผhl permanenter Ablehnung durch grade die 2 Menschen, die ja von Grund auf eigentlich meine Ur-vertrauten darstellen sollten, bin ich nun grad in meinem 4. Klinik Aufenthalt – immer in der Hoffnung ich finde dort eine Lรถsung, eine Antwort darauf, wie ich damit umgehen, an mich glauben, mich abgrenzen und schรผtzen lernen kann. Das all diese Themen grade jetzt an mich heran getragen werden ist kein Zufall – das weiร ich. Was auch immer dadurch geschehen wird – ich bin sehr dankbar das dies grad alles geschieht! Sandra Ajeet Kaur
Liebe Sandra,
vielen Dank fรผr Deinen Bericht!
Ich denke nicht, dass Du bei Deinen Eltern noch irgendetwas bewirken kannst. Das liegt einfach daran, dass solche Tรคtermuster extrem psychisch stabilisierend wirken. Mehr dazu kannst Du in meinem Artikel Aggression als Trostpflaster – wenn aus Opfern Tรคter werden nachlesen.
Es ist auch gar nicht nรถtig, dass Du bei Deinen Eltern etwas bewirkst. Wichtig ist, dass Du mit dem aufrรคumst, was in Dir gelandet ist, denn das ist Dein Bereich. Hier kannst Du damit beginnen, gut fรผr Dich zu sorgen. Es geht um Dich.
Zum Thema Abgrenzung kann ich Dir noch diesen Artikel empfehlen:
In drei Schritten zu mehr Abgrenzung bei Hochsensibilitรคt
Wichtig ist, dass Du zunรคchst Deine eigenen Grenzen erkennst. Dass es Dir so geht, wie es Dir jetzt geht, liegt daran, dass Du krรคftemรครig weit รผber Deine Grenzen gegangen bist und Dich mit Deinen Eltern zu sehr aufgerieben hast.
Wenn Du Deine eigenen Grenzen kennst und anerkennst, kannst Du sie gegen รbergriffe von auรen verteidigen; d.h. wenn jemand etwas von Dir will, was รผber Deine Krรคfte geht, dann sagst Du „nein“.
Und im dritten Schritt geht es darum, die Grenzen anderer zu respektieren. Auch wenn es Dir weh tut, wie Deine Eltern mit ihrer Empfindsamkeit umgehen, das ist letztlich ihre Sache. Ein Kollege von mir sagte immer: „Jeder hat ein Recht auf ein verkorkstes Leben.“ Lass‘ ihnen ihr verkorkstes Leben und bringe Du Deins in Ordnung. Das reicht vollkommen aus, und damit hast Du genug zu tun.
Ich wรผnsche Dir alles Gute auf Deinem Weg!
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Hallo Anna-Barbara, meine Schwester brachte mich auf Deinen Kriegsenkelbeitrag. Da ich schon viele Bรผcher und Geschichten dazu gelesen habe, ebenfalls ein Kriegsenkel bin und HSP, kann ich langsam verstehen, warum es unsere ganze Familie so hart getroffen hat mit angeblich seelischen Problemen (nach Schulmedizin). Mutti und Vati waren ebenso HSP, Vati ausgeprรคgt narzistisch und Mutti angepaรt und hart, verbittert. So kann ich jetzt besser verstehen, was meine Eltern in ihrer Jugend an Ablehnung erfahren haben, diese verinnerlicht und an uns weiter gegeben haben. Danke fรผr die Geschichte Deiner Freundin, Dank auch an Sie.
Warum wir HSP es in dieser Zeit besonders schwer haben, leuchtet mir mit Deinem Beitrag einmal mehr ein und mir wird bewuรt, dass wir/ich es jetzt in der Hand habe, fรผr uns einzustehen, uns zu erkennen und bewuรter wahrzunehmen, welche Stรคrken wir haben und es fรผr uns zu nutzen.
Die Beitrรคge auf diesen Seiten liebe Anne-Barbara, sind stets eine Erleuchtung fรผr mich.
Von Herzen Dank, dass Du viele Themen so ausfรผhrlich aufbereitest und Deine Erfahrungen weitergibst.
Liebe Grรผรe
Kerstin
Liebe Kerstin,
vielen Dank fรผr Dein nettes Feedback, das mich sehr freut, und dass Du Deine Erfahrungen mit uns teilst!
Da hast Du ja auch schon eine lange Suche und Zeit der Verarbeitung hinter Dir. Mich berรผhrt es sehr, wie viele Parallelen es doch gibt und in welchem Maร das ein kollektives Problem ist. Deinen Umgang damit finde ich ausgesprochen verantwortungsvoll, denn es bringt ja auf die Dauer nichts, den Eltern irgendwelche „Schuld“ am eigenen Elend zu geben. Letztlich mรผssen wir die Schรคden, die sie, aus welchen Grรผnden auch immer, bei uns angerichtet haben, eben selbst in Ordnung bringen. Das ist ein wichtiges Stรผck Arbeit, dass nicht nur uns persรถnlich, sondern die ganze Gesellschaft weiter bringt. Deswegen freut es mich, dass Du, und auch so viele andere, da auf einer Wellenlรคnge mit dem sind, was ich in diesem Artikel berichte.
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Liebe Anne-Barbara,
Deine Beitrรคge sind fรผr mich so erhellend. Vielen Dank. Nun verstehe ich meine Familiengeschichte noch viel besser.
Mein Groรvater kam hochtraumatisiert – er selbst ist hochsensibel – aus dem Krieg zurรผck und hat dann seine drei Jungs regelmรครigen Drills unterzogen, รผber die mein Vater bis heute nicht sprechen kann. Als HSP hat er besonders darunter und unter der Nazi-Ideologie gelitten. Seine Lรถsung fand er in der Abspaltung seiner hochsensiblen Persรถnlichkeitsanteile und entwickelte hochgradig dissoziale Zรผge, unter denen wir Kinder litten, sexueller und psychischer Missbrauch inbegriffen. Mich als hochsensible und hochbegabte Tochter lehnte er besonders ab, er konnte mich nie wirklich unterstรผtzen.
Erst jetzt, 40-jรคhrig, gelingt mir die Ablรถsung, und ich habe Zeit zur Aufarbeitung. Es ist schรถn, nun zu der inneren Freiheit zu gelangen, ihn sein lassen zu kรถnnen und mich um meine Belange zu kรผmmern und um meine Familie.
Herzlichen Dank Dir fรผr die unterstรผtzenden Inputs.
Kathrin
Liebe Kathrin,
vielen Dank fรผr Dein nettes Feedback und Deinen Bericht! Deine Geschichte ist so typisch, sehr bewegend… Und dass Du es jetzt schaffst, Dich zu befreien und Dein Leben zu leben, ist einfach groรartig! Du schreibst zwar „erst jetzt, 40-jรคhrig“, aber wenn es so gelagert ist wie bei Dir, ist es eine Riesenleistung, das รผberhaupt zu schaffen! Ich freue mich, wenn meine Blog-Artikel Dir dabei helfen. Denn das gibt mir das Gefรผhl, dass das, was ich tue, Sinn macht. :-)
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Hallo ich bin auch ein hochsensibler Kriegsende. Meine Mutter ist sogar daran gestorben, das sie ihre Hochsensibilitรคt in einer „kalten“ Zeit nie leben durfte. Ich selber habe auch bis vor 2Jahren meine Hochsensiblen Anteile verleugnet, bzw. Sogar gehasst .
Liebe Irmgard,
vielen Dank fรผr Deinen Bericht! Dann hast Du ja auch so eine Geschichte mit Deiner Hochsensibilitรคt, wie sie fรผr unsere Generation ganz typisch ist… Ich freue mich, dass Du in den letzten zwei Jahren doch noch zu Deiner Hochsensibilitรคt gefunden hast! :-)
Hier noch ein Blog-Artikel, der Dich in dieser Richtung unterstรผtzen kann:
Hochsensibilitรคt als Gabe
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Hallo Anne-Barbara!
Vielen Dank fรผr deinen Artikel, in dem du die Themen HSP und Kriegsenkel miteinander verknรผpfst! Nach der Lektรผre habe ich den spontanen Impuls, meine Gedanken mitzuteilen.
Als ich vor einigen Jahren auf das Thema HSP stieร, war es wie eine Erleuchtung. Plรถtzlich machte vieles Sinn, was mich bis dahin tatsรคchlich zur Verzweiflung gebracht hatte (zu diesem Zeitpunkt lag mein privates und beruflichces Leben alleridngs schon in Trรผmmern). Das Puzzle fรผhlte sich jedoch noch unvollstรคndig an. Die Lektรผre der Bรผcher รผber die „geprรผgelte Generation“ (Ingrid Mรผller-Mรผnch) und vor allem die „Kriegsenkel“ vervollstรคndigte das Bild und lieferte mir viele fรผr mich schlรผssige Erklรคrungen.
Leider ist es mir kaum gelungen, die Besonderheiten der Hochsensibliltรคt vorteilhaft zu nutzen. Aufgrund meines geringen Selbstwertes, meiner eher zurรผckhaltenden, beobachtenden Art und vieler anderer HSP- und Kriegsenkel-typtischen Attribute, blieb ich im Beruf weit hinter meinem Potenzial zurรผck. Auch soziale Beziehungen gestalten sich schwierig.
Mit Anfang 50 habe ich mit den neu gewonnen Erkenntnissen nun auch nicht mehr den Mut, ein sicheres Arbeitsverhรคltnis aufzugeben und beruflich etwas Neues zu beginnen. Die Arbeitssituation ist zum Glรผck durchaus ertrรคglich. Allerdings bin ich sehr frustriert und manchmal leicht verbittert, wenn ich auf mein bisheriges Leben blicke.
Die Hochsensibiltรคt beglรผckte mich mit groรartigen Erlebnissen in Bezug auf Naturerfahrungen, Kunst, Musik und Literatur und auch hinsichtlich Spiritualitรคt. Insgesamt sehe ich es allerdings so, dass die Kombination HSP/Kriegsenkel/geprรผgeltes Kind eine Bรผrde ist, die mein Leben sehr belastet und negativ geprรคgt hat.
Vielleicht greife ich das Thema Kriegsenkel mit meinen Geschwistern und Eltern auf in der Hoffnung, etwas von dieser Hypothek loszuwerden. Ansonsten versuche ich, mich mit meinem Leben abzufinden und mir Inseln zu schaffen, in denen ich die Hochsensibilitรคt ausleben kann.
Ich wรผnsche dir alles Gute fรผr deine Arbeit!
Herzliche Grรผรe
Jo
Lieber Jo,
vielen Dank fรผr Dein nettes Feedback und Deinen Bericht, in dem so vieles anklingt, was typisch fรผr hochsensible Kriegsenkel ist! Ich finde es eine gute Idee, dass Du das Thema mit Geschwistern und Eltern besprechen mรถchtest. Besonders mit Deinen Geschwistern kann sich das sehr lohnen.
Mit Deinen Eltern ist es aber auch einen Versuch wert. Viele Eltern reagieren positiver als gedacht auf solche Dinge. Und sollten sie nicht offen dafรผr sein, weiรt Du auch Bescheid, dann kannst Du sie ja wieder in Ruhe damit lassen… Wรผrde mich interessieren, wie die Gesprรคche gelaufen sind. Wenn Du magst, kannst Du das ja noch posten. :-)
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Gut, รผber wieviel Generationen werden Traumata vererbt? 9 glaube ich. Da haben wir ja noch die Chance, lange und viel drรผber zu reden und schreiben.
Was mich beschรคftigt ist dass, was heute geschieht, was wir alles zulassen. Stellt euch doch mal nur einen der unzรคhligen Flรผchtlinge vor, welche Traumata erlebt sie auf der Flucht. Als hochsensible haben wir hierbei sicher keine Probleme. Was tun wir, um nur das eine oder andere Trauma zu verhindern. Ist doch sicher wichtiger, als lang und breit รผber die eigenen, geerbten Traumata nachzudenken.
Elke
Liebe Elke,
das ist ein sehr empathischer Gedanke, danke dir dafรผr!
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Hallo Anne- Barbara,
seit wenigen Jahren beschรคftige ich mich zunehmend aktiv mit systemischen Aufstellungen (nach Hellinger) eigentlich deshalb, weil dort meine Intuition gefragt ist und sie mich doch oft im Alltag eher anstrengt.
Beim Aufstellen wird ein Thema ohne viel Ausfรผhrungen von einer Person benannt. Die wichtigen Personen werden dann zueinander gestellt und sofort entsteht eine Dynamik zwischen denen, die dann durch das hinzustellen von weiteren relevanten Personen oder durch das Auflรถsen von Themen durch bestimmte Sรคtze verรคndert wird.
Das ist schon eigentรผmlich, wie dann die Heimat bei Geflรผchteten noch nach 3 Generationen fehlt und schwรคcht, wie sich Enkel fรผr Verstoรene (z.B. NS-Funktionรคre) so verhalten, dass sie auch verstoรen werden – die opfern sich gradezu dafรผr, dass sie im System den Verstoรenen ergรคnzen, nur weil die Familie ohne einen Verstoรenen nicht vollstรคndig ist. – In einer Aufstellung ist ein Mann kraftlos und lebensunfรคhig aus dem Krieg gekommen und erst als man seine Kammeraden um ihn gestellt hat, konnte er seine Familie wieder wahrnehmen. Wenn man hรคufiger aufstellt, kriegt man ein recht gutes Gespรผr fรผr die Dynamik die im Raum ist. Das ist wiederholbar wenn auch bisher nicht vollstรคndig erklรคrbar, soweit ich weiร.
Einige systemische Verstrickungen haben ihre ursprรผnglichen Ereignisse bei den Groรeltern oder Urgroรeltern. Das zeigt sich wirklich immer wieder als Ursache. Damit haben Ereignisse aus der NS-Zeit, oder dem WK1 bei mir zB auch die Russische Revolution, unbewusst Einfluss auf unser oder mein Verhalten.
Die Dynamik endet sofort, wenn die Mรถrder wieder ins System integriert werden, das mag uns widerstreben, unterbricht aber die destruktive Dynamik fรผr die Nachkommen. Den Tรคtern wird ihre Verantwortung zugemutet, die Schicksale von Opfern und Traumatisierten werden in Demut anerkennen. Interessanterweise รคndert sich nicht nur die Dynamik im Aufstellungsraum sondern in der Folge langsam auch die in der Familie.
Aus dieser Erfahrung heraus glaube ich garnicht, dass da die Nazipropaganda so direkt Ihren Einfluss hat. Vielleicht die Unterdrรผckung, die daraus folgt. Vermutlich istโs die Familieneigene Dynamik, die sich ihre Stellvertreter fรผr Verstoรene und ungesรผhntes Unrecht sucht. Lisa kรถnnte das mal von einem systemischen Psychologen aufstellen lassen. Vielleicht vertritt sie jemanden unbewusst und muss das danach nicht mehr. Das entlastet die Mutter, die nicht mehr stellvertretend Lisa bekรคmpft und am Ende kann Lisa ihr Dasein in allen Fassetten genieรen.
Habโs wieder sehr gerne gelesen!
Vielen Dank und liebe Grรผรe
Simon
Hallo Simon,
das ist ja ‚mal ein glรผhendes Plรคdoyer fรผr die Familien-Aufstellung! Man spรผrt deine Begeisterung und wie du darin aufgehst. Mir erscheint es jedoch plausibler, dass es bei Lisa genau so ist, wie im Artikel beschrieben, eine direkte Wirkung, die man ohne weiteres nachvollziehen kann. Lisa ist, seit sie diese Erkenntnisse hatte, im Reinen mit ihrer Geschichte. Ihre Mutter lebt schon lange nicht mehr.
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Hallo liebe Anne Barbara!
Ich hรคtte mal eine Frage an dich. Ich gehรถre auch zu den Kriegsenkeln. Kann es sein, dass unsere Eltern im Mutterleib bei dem Krieg hochsensible wurden? Nach allem was ich bis jetzt von anderen HSP lern Wissenschaftern gehรถrt habe liegt das nahe. Wie stehst Du dazu? LG sunny
Liebe Sunny,
sorry fรผr die spรคte Antwort, dieser Kommentar ist mir irgendwie durch die Lappen gegangen! Es gibt einen Sensibilitรคtsforscher namens Michael Pluess, der die genetische Seite der Sensibilitรคt untersucht. Nach seinen Studien ist eine erhรถhte Sensibilitรคt genetisch angelegt. Sie kann sich von Anfang an bemerkbar machen, aber auch nach stressigen Erlebnissen รผber Epigenetik zugeschaltet werden. Von daher halte ich das fรผr mรถglich. Ich wรผrde das aber nicht generalisieren, dass das bei allen passiert ist…
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara
Hallo, ich wollte ergรคnzen, dass auch in der Nachkriegszeit und in der DDR eine Beeinflussung bzw. Umerziehung erfolgt ist. Man durfte nicht aus seiner Rolle fallen und sollte funktionieren. Alles was anders war, wurde abgelehnt, ggf. auch mit Sanktionen und Strafen. Hochsensibel zu sein war gefรคhrlich sowie Dinge intuitiv zu spรผren. Gleichzeitig befinden wir uns immer noch in einem kapitalistischem System in dem die Leistung mehr zรคhlt als der Mensch. Selbst die sogenannten alternativen Systeme haben es nicht geschafft viel daran zu รคndern.
Traurigerweise setzt sich das Trauma durch die Gesellschaft fort, als scheint es so gewollt zu sein.
Danke fรผr die Aufarbeitung dieser Geschichte. Zumindest hoffe ich, dass wir individuell etwas daran รคndern kรถnnen, in dem wir uns selber unser Geschichte bewuรt werden.
Liebe Kati,
vielen Dank fรผr dein nettes Feedback und das Teilen deiner Gedanken! Wie schรถn, dass du diese DDR-Perspektive noch einbringst, das ist so wertvoll. Es wundert mich nicht, dass das Regime sich von hochsensiblen Menschen bedroht fรผhlte. Denn diese spรผren die Unstimmigkeiten und decken sie dann womรถglich auf. Ich sehe unser kapitalistisches System auch kritisch. Immerhin bietet es einige Freiheiten, die es ermรถglichen. seinen Platz zu finden. Es ist aber kein leichter Weg und alles andere als vorgezeichnet…
Herzliche Grรผรe,
Anne-Barbara